125 Jahre Siemens in Münster

29.10.2021

Historisches NL-Gebäude in Münster: 1919 bezog Siemens ein Gebäude an der Herwarthstraße 6-8, das die Siemens-Schuckertwerke käuflich erwarben. Es blieb für mehrere Jahrzehnte die erste Adresse von Siemens in Münster. (Motiv undatiert, ca. 1939) | © Siemens Historical Institute

Ein Jahr vor dem großen Firmenjubiläum – 2022 blickt die Siemens AG auf ihr 175- jähriges Bestehen zurück – kann auch die Niederlassung Münster einen beachtlichen Geburtstag feiern: Vor 125 Jahren, am 1. November 1896, gründete die damalige Vorläufergesellschaft Siemens & Halske ihre erste dauerhafte Repräsentanz in der westfälischen Domstadt. Das ehemalige „Technische Büro“ ist Vorläufer der heutigen Niederlassung im Technologiepark Johann-Krane-Weg mit aktuell rund 100 Mitarbeitenden. Sieben davon absolvieren derzeit eine gewerblich-technische oder kaufmännische Ausbildung.

Von „Anlagen für Licht und Kraft“ zur Digitalisierung

"Die Entwicklung unserer Niederlassung zeigt eindrucksvoll, wie wir uns im Wandel der Jahrzehnte als Unternehmen und Standort immer wieder zukunftsfähig aufgestellt und unsere Kunden mit innovativen Technologien unterstützt haben - von der frühen Elektrifizierung bis hin zu den heutigen digitalen Lösungen für Industrie und Infrastruktur“, so Thorsten Selle, seit Sommer dieses Jahres neuer Leiter des Betriebes und Sprecher der Niederlassung Münster. „Mit unserem gewachsenen Netzwerk, unserem starken Team vor Ort und dem Knowhow von Siemens im Rücken sind wir heute bestens aufgestellt, um auch künftige Herausforderungen anzugehen. Die nächsten 125 Jahre können kommen!“


„Flutlichtanleuchtungen“, ausgeführt von den Siemens-Schuckert-Werken unter Verwendung von Siemens Glühlampenscheinwerfern, hier am Rathaus Münster. (Motiv undatiert, ca. 1925-1933) | © Siemens Historical Institute 4.

Markus Lewe, Oberbürgermeister der Stadt Münster, hebt die lange Verbindung der Siemens AG mit der Stadt ebenfalls hervor: „Damals wie heute ist Siemens Vorreiter und Impulsgeber der technischen Entwicklung und heute einer der wichtigsten Part-ner der Wirtschaft und des öffentlichen Sektors auf dem Weg in die Digitalisierung.

Und ebenso wie die Stadt Münster hat sich auch Siemens das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 klimaneutral zu sein. Die Stadt Münster ist stolz und dankbar, dass Siemens seit nunmehr 125 Jahren fest in unserer Stadt verwurzelt ist. Als Vorzeige-unternehmen mit westfälischen Werten und herausragenden Erfolgen fügt sich Siemens dabei in besonderer Weise in den Unternehmensstandort Münster ein und nimmt gleichzeitig seine Verantwortung für die zukünftigen Generationen wahr.“

125 Jahre gelebte Industriegeschichte im Münsterland

Machten Anfang des 20. Jahrhunderts Anlagen zur Erzeugung von Licht und elektrischer Energie sowie Telefonanlagen einen überwiegenden Teil des Geschäfts von Siemens in der Region aus, so sind es heute hochkomplexe Energie-, Sicherheits- und Digitalisierungslösungen für Gebäude und industrielle Kunden in der Region. Die Belegschaft der ersten Stunde akquirierte Aufträge von staatlichen und kirchlichen Stellen sowie aus der Industrie. Das Technische Büro lieferte in den frühen Jahren beispielsweise „Anlagen für Licht und Kraft“ für den Bau des Kanalhafens in Münster, Turbinentechnik für das Städtische Elektrizitätswerk und die Bühnenbeleuchtung des früheren Stadttheaters. „Fluchtlichtanleuchtungen“ der Siemens-Schuckertwerke sorgten mit dafür, die Münstersche Rathausfassade und die Lambertikirche bei Dunkelheit eindrucksvoll in Szene zu setzen.

Wartung eines Transformators der Siemens-Schuckert-Werke im Umspannwerk Münster. (ca. 1938) | © Historisches Konzernarchiv RWE

Arbeit an Zukunftsthemen in Münster Tradition

Nach dem 2. Weltkrieg prägten für knapp zwei Jahrzehnte elektrische Oberleitungs-Omnibusse das Stadtbild, die Siemens zusammen mit den Stadtwerken Münster als emissionsarmes öffentliches Verkehrsmittel in Fahrt gebracht hatte. Einen der ersten Großrechner mit Transistortechnik überhaupt lieferte Siemens Anfang der 1960er-Jahre an die damalige Landesversicherungsanstalt Westfalen. So kann die Region für sich in Anspruch nehmen, zusammen mit Siemens in vielen Bereichen schon früh Wegbereiter zukunftsweisender Lösungen gewesen zu sein, sei es beim öffentlichen Personennahverkehr oder bei der Digitalisierung. Zudem wickelte das Technische Büro von Münster aus auch internationale Projekte für regionale Kunden ab, etwa die komplette elektrotechnische Ausrüstung eines Zementwerks in Nigeria Anfang der 1980er-Jahre – der bis dahin größte Auftrag aus der Zementindustrie für Siemens in Münster.

Digitalisierung anno 1960: Das Datenverarbeitungssystem „Siemens 2002“ in der Landesversicherungsanstalt Westfalen in Münster – einer der ersten deutschen Transistorcomputer | © Siemens Historical Institute 6.

Heute bestimmen hochkomplexe Energie-, Sicherheits- und Digitalisierungslösungen für Gebäude und industrielle Kunden den Alltag des Siemens-Teams. Die Technologien der Geschäftsbereiche Digital Industries (DI) und Smart Infrastructure (SI) sorgen sowohl in öffentlichen Bereichen als auch bei industriellen Kunden im Münsterland für einen sicheren und reibungslosen Betrieb, eine zuver-lässige Stromversorgung, Energie- und CO2-Einsparungen oder die Verbesserung von Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt. Dazu zählen auch die Produkte und Lösungen der mittlerweile verselbstständigten Geschäftsbereiche Siemens Energy (Kraftwerks- und Energietechnik) und Siemens Healthineers (Medizintechnik) – beide wie ihre „Muttergesellschaft“ mittlerweile als eigenständige Aktiengesellschaften im DAX gelistet – sowie der 100-prozentigen Tochtergesellschaften Siemens Mobility (Bahntechnik) und Yunex Traffic (Straßenverkehrsleittechnik).

Zwei aktuelle Beispiele dokumentieren, wie die Siemens AG bei Kunden in der Region in Sachen Energieeffizienz und Digitalisierung ganz vorne mit dabei ist:

Ein O-Bus der Linie 4 an der Friedrichstraße (um 1960) | © Stadtwerke Münster

Von Melkmotoren zur Cloud-Lösung

Die Westfalia Separator AG, die schon Anfang der 1950er-Jahre zu den Kunden des Technischen Büros Münster zählte und der Siemens damals tausende von Melkmotoren lieferte, ist auch unter ihrem neuen Namen GEA Group Aktiengesellschaft langjähriger Kunde der Siemens AG in der Region. GEA ist mittlerweile einer der größten Systemanbieter für die Nahrungsmittelindustrie und weitere Branchen. Zum Portfolio zählen moderne Separatoren und Dekanter, die zur Klärung von Flüssigkeiten und zur Trennung von Flüssigkeitsgemischen in verschiedenen Bereichen zum Einsatz kommen. Seit Anfang dieses Jahres bietet das Unternehmen seinen Endkunden die Möglichkeit, diese Anlagen an die sogenannte MindSphere anzubinden, ein offenes, cloudbasiertes Betriebssystem von Siemens für das industrielle Internet der Dinge (IoT, Internet of Things). Auf der MindSphere-Plattform werden die Anlagendaten gesammelt und nutzbar gemacht: Die Endkunden können alle Prozessdaten jederzeit in Echtzeit abrufen, einfach und schnell Trends erkennen und Vergleiche verschiedener Fertigungslinien ziehen. Dank lernfähiger Algorithmen kann das intelligente System darüber hinaus Handlungsempfehlungen geben: Es erkennt Auffälligkeiten beim Betrieb und sendet Benachrichtigungen, die ein schnelles Eingreifen möglich machen – idealerweise noch bevor eine Anlage ausfällt.

Energieeinsparung für das Universitätsklinikum

Das Universitätsklinikum Münster (UKM) hat sein Zentralklinikum mit den zwei markanten Bettentürmen vor gut zehn Jahren von Siemens umfänglich energetisch sanieren lassen. Die Partner schlossen dazu ein so genanntes Energiespar-Contracting ab. Siemens garantierte dem Klinikum nach Abschluss der Modernisierung dabei vertraglich eine feste Einsparung bei den Energiekosten über eine Lauf-zeit von sechs Jahren. Die Einsparung wurde dauerhaft erreicht und hat dem Kunden bis heute einen deutlich niedrigeren Energieverbrauch gesichert.

Die Umsetzung erfolgte bei laufendem Betrieb. Herzstück für die Energieeinsparung ist eine moderne Wärmerückgewinnungsanlage. Deren Register wurden recht spektakulär von einem Lastenhubschrauber einzeln über Luftschächte ins Gebäude ein-gebracht. Jedes Teil wog dabei rund eine Tonne.

In den folgenden Jahren unterzeichnet das Universitätsklinikum noch zwei weitere EnergiesparContractings mit Siemens: für die energetische Sanierung seiner Zahn-, Mund- und Kieferklinik und für den Bereich der Alt-Kliniken. Das Ergebnis aller Maßnahmen beeindruckt: Insgesamt spart das UKM damit Treibhausgasemissionen von mehr als 16.000 Tonnen CO2 pro Jahr ein. Das entspricht dem Ausstoß von über 5.300 PKW bei einer Fahrleistung von 20.000 km/a und 150 g/km CO2.

Mit diesen und vielen weiteren Beispielen bei zahlreichen, überwiegend mittelständischen Kunden in der Region demonstriert die Siemens AG tagtäglich, dass sie trotz ihrer langen Geschichte keinesfalls zum „alten Eisen“ gehört. „Im Gegenteil: Die Kolleginnen und Kollegen unserer Niederlassung stellen jeden Tag unter Be-weis, dass sie unseren Partnern und Kunden in der Region tatkräftig dabei helfen, die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Münsterland zu sichern“, so Thorsten Selle, Sprecher der Niederlassung.